Die Pfeife einer Orgel bringt einen Ton hervor, weil die Luftmoleküle sich in ihrem Innern hin- und herbewegen und dabei örtlich Verdichtungen und Verdünnungen der Luft erzeugen. Diese dringen nach Außen und gelangen als Schallwellen an unser Ohr. Eine Orgelpfeife ist im Prinzip ein langgestrecktes Rohr. Wenn man berechnen will, welchen Ton das Rohr hervorbring, macht man üblicherweise die Annahme, dass an seinen Enden der Dichte- oder Druckunterschied zur Außenluft Null ist. Die Schwingung hat, wie man sagt, an den Enden des Rohrs einen Knoten. Aber eben diese Annahme ist physikalisch fragwürdig. Sie bedeutet, dass die Luftmoleküle „draußen“ von der Schwingung im Innern der Pfeife in keiner Weise „mitgerissen“ werden. Das heißt, die Pfeife würde keinerlei Schall abstrahlen.
Zu erklären, wie eine Pfeife Schall abstrahlt, ist kein triviales Problem. Eine aufwändige Rechnung ergibt, dass die Luftmoleküle, vereinfacht ausgedrückt, über die Enden des Rohrs hinausschwingen und so der Schall nach draußen getragen wird. Das heißt, die Pfeife ist effektiv länger als mit dem Maßband gemessen. Levine und Schwinger¹ berechneten, dass die Verlängerung je Ende etwa das 0,6-fache des Rohrradius beträgt. Diese Zahl ist die berühmte Endkorrektur. Man muss sie berücksichtigen, wenn man aus der Länge der Pfeife die Höhe des Tons berechnen will, der abgestrahlt wird. Die Endkorrektur lässt sich mit einfachen Mitteln experimentell bestimmen. Details hier.
Foto: Orgel der Kirche Divi Blasii in Mühlhausen/Thüringen, gebaut nach einem Entwurf von Johann Sebastian Bach
¹ Levine, H. und J. Schwinger, Phys. Rev. 73, 383 (1948)