Monat: September 2017

Serliana

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Der italienische Architekt Sebastiano Serlio gilt als der Urheber der Fensteranordnung, die in Anlehnung an seinen Namen „Serliana“ genannt wird. Es ist ein Architekturelement, das man an vielen Gebäuden in Venedig und im Veneto antrifft („Venezianisches Fenster“). Die Anordnung besteht aus einem Rechteck mit aufgesetztem Rundbogen und zwei kleineren und schmaleren Rechtecken, die es links und rechts flankieren (Grafik). Über den seitlichen Rechtecken können sich kleine Rundfenster (Oculi) befinden. Palladio gestaltete nicht nur Fenster, sondern auch Portale in dieser Form, zu sehen beispielsweise in der Außenfassade der Markthalle („Basilica“) von Vicenza. Als Strukturelement von Gebäudefassaden wurde die Serliana später vielfach zitiert. Selbst moderne Architekten machen von ihr Gebrauch.

Auf einer Studienfahrt durch Oberitalien sah ich Serlios Fenster zum ersten Mal. Seine Form prägt sich sehr gut ein; so gut, dass ich es später mehrfach auch nördlich der Alpen entdeckte. Der Mittelrisalit des Städel-Museums in Frankfurt am Main zum Beispiel enthält zwei solcher Elemente. Eins dient als Eingangsportal im Erdgeschoss, das andere befindet sich im Stockwerk darüber. Seit einiger Zeit fotografiere ich Fenster à la Serliana (und moderne Abwandlungen derselben), wenn ich sie zufällig sehe. Hier meine ersten Exemplare.

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Städel-Museum Frankfurt am Main

Luettich

Lüttich

Neue Pinakothek Muenchen

Neue Pinakothek München

Muenster(Westfalen)

Münster (Westfalen)

Das Demo-Experiment, das mir nie gelang

ElektrFeld2Ladungen_MEine Pflichtübung für den Physiklehrer im Unterricht der Oberstufe: Die Demonstration, dass die Kraft zwischen zwei punktförmigen elektrischen Ladungen quadratisch mit wachsendem Abstand abnimmt. Das Gesetz ist nach Charles Augustin Coulomb benannt und eine der Grundlagen der Elektrizitätslehre. Warum das Experiment auch hart gesottene Physiklehrer zur Verzweiflung treiben kann, erkläre ich hier .

Die Abbildung zeigt Feld- und Äquipotentiallinien in der Umgebung zweier elektrischer Punktladungen. Die Ladungen sind unterschiedlich groß und haben entgegengesetztes Vorzeichen.

Mein persönliches Brix-Kopfermann-Diagramm

Brix_1965Vor zehn Jahren verstarb mein akademischer Lehrer Professor Peter Brix (Foto). In seinem Institut für Kernphysik an der TU Darmstadt war ich lange Zeit tätig. Ein kleiner, persönlicher Rückblick ist da angebracht.

Zumal ich kürzlich in meinen Unterlagen von damals den Entwurf einer Veröffentlichung entdeckte, die mit Optical Isotope Shift and Changes in Nuclear Mean Square Radius überschrieben war. Der Artikel sollte ein Review der bis dahin (1966) erschienen Arbeiten auf dem Gebiet der optischen Isotopieverschiebung werden. Auf diesem Forschungsgebiet arbeitete Professor Brix vor seiner Berufung nach Darmstadt, zusammen mit seinem Lehrer Kopfermann. In Darmstadt setzte er sich mit Erfolg dafür ein, dort einen Elektronen-Linearbeschleuniger zu installieren und gründete eine Forschungsgruppe, die sich mit der Streuung von Elektronen an Atomkernen beschäftigte. Gleichzeitig weitete er die Untersuchungen zur Isotopieverschiebung auf myonische Atome aus, die Experimente dazu wurden am Europäischen Kernforschungszentrum (CERN) in Genf gemacht.

An dem Review durfte ich mitarbeiten, obwohl ich von optischer Isotopieverschiebung so gut wie keine Ahnung hatte. Eine Ehre für mich, denn ich war damals noch ein Lehrling in der Zunft der Physiker: Meine Diplomarbeit, die ich gerade abgeschlossen hatte, betraf Experimente am Elektronenbeschleuniger. Die hatten keinerlei Bezug zur optischen Spektroskopie. Meine Aufgabe bestand dann auch nur darin, bei der Literaturrecherche zu helfen. Ich sollte alle veröffentlichten Daten zur Isotopieverschiebung sammeln und geeignet darstellen. Als Darstellung hatte sich in der Literatur das so genannte Brix-Kopfermann-Diagramm1 durchgesetzt – der Name lässt erkennen, wer damals das Forschungsgebiet weltweit anführte und Standards setzte. Im Brix-Kopfermann-Diagramm wird die Verschiebung der optischen Spektrallinien für ein Isotopenpaar bezogen auf eine Standard-Verschiebung. Das ist die Verschiebung, die man für Atomkerne mit konstanter Ladungsverteilung berechnet, deren Radius mit der dritten Wurzel aus der Massenzahl ansteigt. Diese Größe, in der Abbildung mit βCexp/Cth  bezeichnet, wird als Funktion der Neutronenzahl N  des schwereren der beiden Isotope aufgetragen. Für die meisten Isotopenpaare ist βCexp/Cth  kleiner als 1, das heißt kleiner als für Standard-Atomkerne erwartet. Es gibt jedoch Ausnahmen im Bereich der Seltenen Erden. Dort ist dieser Wert größer als 1 und deutet damit auf große Unterschiede in der Deformation (Abweichung von der Kugelgestalt) der Isotopenpaare hin.

CIMG0748_MMDer Review wurde leider nicht fertiggestellt. Ein englischer Kollege kam uns mit einem umfassenden Rückblick zuvor. Von unserem Entwurf überlebten nur ein paar Schreibmaschinen-Durchschläge mit hineingekritzelten Korrekturen – und das Millimeterpapier mit den Isotopieverschiebungen (Abbildung), die ich bis zum Abbruch der Arbeit gesammelt hatte: Mein persönliches Brix-Kopfermann-Diagramm. Inzwischen überholt, aber ein schönes und passendes Andenken an meinen wissenschaftlichen Lehrer.

Ein anderer Review, den ich einige Jahre später (1972) unter Anleitung von Professor Brix schrieb, wurde dann aber wirklich veröffentlicht. Er betraf die Arbeiten zur unelastischen Elektronenstreuung bei niedrigen Energien2, die bis dato bekannt waren. Die meisten von ihnen wurden am Darmstädter Beschleuniger ausgeführt, an einigen dieser Arbeiten war ich beteiligt. In erster Linie beschäftigte ich mich jedoch mit elastischer Elektronenstreuung. Mit dieser Methode bestimmt man mittlere quadratische Kernradien. Ich versuchte, Kernradiusdifferenzen zwischen Isotopen zu messen – also genau die Größe, die man aus den Daten der optischen Isotopieverschiebung gewinnt. Bei den Isotopen, die ich untersuchte, waren die Kernradiusdifferenzen jedoch so klein, dass ich nur eine obere Grenze angeben konnte.

Heute denke ich mit Wehmut an die Zeit im Institut für Kernphysik zurück. Es war nicht nur in wissenschaftlicher, sondern auch in menschlicher Hinsicht ein Ort, an dem man gerne arbeitete.

1  Brix, P. und H. Kopfermann: Physical Review 85, 1050 (1952) und Reviews of Modern Physics 30, (1958), S. 517
H. Theissen: Nuclear Spectroscopy of Light Nuclei by Low Energy Inelastic Electron Scattering, Springer Tracts in Modern Physics 65, S. 1 (1972).

Is the field of a point charge exactly 1/r² ?

CIMG0720_M…so die Überschrift über einem Kapitel der Elektrostatik in Feynmans Lectures on Physics. Ich war noch Student, als ich den Text zum ersten Mal las. Das 1/r2-Problem ließ mir damals keine Ruhe. Ich musste der Sache auf den Grund gehen. Studierte die Literatur dazu und versuchte, Maxwells Rechnungen nachzuvollziehen. Meine Notizen verarbeitete ich später zu einem kleinen Artikel, der in Physik und Didaktik1 erschien. Hier Maxwells Rechnungen und die Beschreibung eines einfachen Demonstrationsexperiments2 (Foto).

1   H. Theissen:  Ist die Kraft zwischen zwei Ladungen wirklich proportional 1/r2?, Physik und Didaktik 3, 1975, Bayerischer Schulbuch-Verlag, München, S. 57
2   nach Z. Šabatka und L. Dvořák: Two simple ways of verification of the 1/r2 dependence in Coulomb’s law at both high school and university level. Karlsuniversität Prag. Internetadresse unbekannt.

Denkwürdige Orte

CIMG1418_MDas Foto: Ein herbstlicher Park mit Blick auf den Rhein. Links eine mehr oder weniger unauffällige Reihe von Glasscheiben – Panzerglas, es sollte das dahinterliegende Gebäude vor Beschuss (Terroranschlag) schützen. Das Gebäude (auf dem Foto nicht zu sehen) ist der ehemalige Kanzlerbungalow im Regierungsviertel in Bonn. Ein denkwürdiger Ort, hier wurde Geschichte gemacht.

Nicht nur der Kanzlerbungalow hat seine „Geschichte“, auch weniger bekannte Orte können Interessantes erzählen. Ich habe Fotos von solchen Orten gesammelt. Sie wurden, aus welchen Gründen auch immer, meist aber beiläufig, gemacht. Daraus ist ein Quiz entstanden. Hier sind die Fotos mit den zugehörigen Fragen und dort die Antworten.