2016 – pseudovollkommen und hexagonal

2016_mit_Schlingpflanzen_01Was hat das Jahr 2016 zu bieten – ich meine in mathematischer Hinsicht? Viel habe ich nicht entdeckt – aber auch nicht sehr eifrig nachgeforscht. Immerhin hat 2016 eine stattliche Anzahl von Teilern. Es sind genau 36, nämlich 1, 2, 3, 4, 6, 7, 8, 9, 12, 14, 16, 18, 21, 24, 28, 32, 36, 42, 48, 56, 63, 72, 84, 96, 112, 126, 144, 168, 224, 252, 288, 336, 504, 672, 1008 und 2016. Streicht man aus dieser Liste die Zahl 2016, bleiben die echten Teiler. Damit lässt sich etwas anfangen: Bildet man die Summe aus den echten Teilern 336, 672 und 1008, erhält man 2016. Auch andere Summen von (echten) Teilern ergeben 2016, z. B. 84 + 252 + 672 + 1008 = 2016. Zahlen, die sich als Summe einiger verschiedener echter Teiler schreiben lassen, heißen pseudovollkommen. Also ist das neue Jahr zwar nicht ganz vollkommen, aber immerhin pseudovollkommen (Vollkommen heißen die Zahlen, die gleich der Summe aller ihrer echten Teiler sind, Beispiel 6 = 1 + 2 + 3). Auf seine Pseudovollkommenheit kann sich 2016 aber nicht viel einbilden: Es ist nämlich durch 6 teilbar – und ein (fast trivialer) Satz der Mathematik besagt, dass alle durch 6 teilbaren Zahlen pseudovollkommen sind. Beweis: Jede Zahl von der Form 6k mit k = 1, 2, 3, … lässt sich schreiben als 6k = k + 2k + 3k, so dass jeder der Summanden 6k teilt. In unserem Fall ist k = 336. Also gilt 2016 = 6·336 = 336 + 2·336 + 3·336 =  336 + 672 + 1008. Das ist die oben genannte Zerlegung.

Interessant ist noch, dass 2016 eine Sechseckzahl (Hexagonalzahl) ist. Hexagonalzahlen erhält man, indem man eine Reihe Steine zur Hand nimmt und wie folgt anordnet: Man startet mit einem Stein, legt weitere 5 Steine so an, dass ein Sechseck mit der Seitenlänge von 2 Steinen entsteht. Dann verlängert man zwei benachbarte Seiten um je einen Stein und fügt weitere 7 Steine so hinzu, dass ein größeres Sechseck mit der Seitenlänge von 3 Steinen entsteht. Fährt man in dieser Weise fort, erhält man die Folge der Hexagonalzahlen 1, 6, 15, 28, 45, … . Die zweiunddreißigste Zahl in dieser Folge ist 2016. Man kann zeigen, dass die n-te Hexagonalzahl sich als n(2n – 1) schreiben lässt. Damit ist 2016 = 32·(64 – 1).

Jede Hexagonalzahl ist im Übrigen auch eine Dreieckszahl. Das heißt, man kann 2016 Steine (in der Ebene) so anordnen, dass sie ein ausgefülltes gleichseitiges Dreieck bilden. Die Folge der Dreieckszahlen beginnt mit 1, 3, 6, 10, 15, …. Die zugehörigen Dreiecke haben die Seitenlängen 1, 2, 3, 4, usw. Allgemein gilt: Ist die Seitenlänge n, enthält das Dreieck n(n + 1)/2 Steine. Man rechnet leicht nach, dass das Dreieck mit 2016 Steinen die Seitenlänge n = 63 hat: 2016 = 63×64/2

Auslöschung

LloydscherSpiegel_InterferenzstreifenHier löscht sich Licht selber aus – genau genommen dort, wo auf dem Foto die dunklen Streifen zu sehen sind. Ein geniales Experiment zeigt, dass Licht sich wie eine Welle verhält: der Lloydsche Spiegelversuch. Mehr…

Eulers Primzahlpolynom

Setzt man im Term x2 x + 41 nacheinander x = 1, 2, 3, usw. bis x = 40, so erhält man die Zahlen 41, 43, 47, 53, usw. bis 1601, die allesamt Primzahlen sind. Dasselbe gilt für den Term x2 + x + 41 und x = 1, 2, 3, usw. bis x = 39. Das war schon Euler1 (1772) bekannt. Der Term wird deshalb auch nach ihm benannt (Eulersches Primzahl-Polynom). Für Werte x > 40 liefern er zwar keine ununterbrochene Folge von Primzahlen, aber immerhin etwa 7mal mehr als ein Zufallsgenerator, der vergleichbar große Zahlen erzeugt2. Man kann diese Eigenschaft grafisch darstellen. Die Idee dazu ist der „Primzahlteppich“, eine mathematische Spielerei, die von Bartolomé, Rung und Kern in ihrem Buch über Zahlentheorie beschrieben wird3.

 

Euler_Primzahlteppich_01

Deren Primzahlteppich ist ein Koordinatengitter, in dem diejenigen Punkte (x, y) markiert werden, für die beispielsweise die Summe x + y, das Produkt xy oder irgendein anderer Rechenterm T(x, y) eine Primzahl ist. Die Abbildung zeigt den von mir gefundenen Teppich, der die Primzahlen des Eulerschen Polynoms zu Tage treten lässt. Er wird von T(x, y) = x2 + y erzeugt. „Normale“ Primzahlen sind durch graue Karos gekennzeichnet, Eulersche durch Färbung in Magenta hervorgehoben. Man erkennt eine Häufung der grauen Karos, d. h. der „normalen“ Primzahlen, auf Streifen in Richtung der Haupt- und Nebendiagonalen (und auf einigen Parallelen zur x-Achse). Wie erwartet, liegen auch die Eulerschen Primzahlen auf Diagonalen: Der magenta gefärbte Streifen, der in der unteren Hälfte am linken Rand beginnt und unter 45° nach rechts unten verläuft, entspricht der Gleichung y = 41 – x. Setzt man dieses y in den Term T(x, y) = x2 + y  ein, entsteht das Eulersche Polynom P(x) =  x2x + 41. Ersetzt man x durch  – x, entsteht P(x) =  x2 + x + 41. Diesem Polynom entspricht der magentafarbene Streifen, der unter 45° nach rechts oben verläuft. Die Grafik zeigt, dass beide Streifen für x ≦ 40 keine Lücken haben, also ausschließlich aus Primzahlen bestehen. Für  x > 40 ist die überdurchschnittlich große Häufung der Primzahlen auf dem oberen Ast deutlich zu sehen.

1 Euler, Leonhard, zitiert in http://de.wikipedia.org/wiki/Primzahl.
2 Hardy, Godfrey H.  und  John E. Littlewood,  zitiert in http://en.wikipedia.org/wiki/Ulam_spiral.
3 Bartolomé, Andreas, Josef Rung und Hans Kern: Zahlentheorie für Einsteiger (Vieweg 1995). Siehe auch meine eigenen Primzahlteppiche.

Am Ende eine Korrektur

Orgel_Divi_Blasii_02Die Pfeife einer Orgel bringt einen Ton hervor, weil die Luftmoleküle sich in ihrem Innern hin- und herbewegen und dabei örtlich Verdichtungen und Verdünnungen der Luft erzeugen. Diese dringen nach Außen und gelangen als Schallwellen an unser Ohr. Eine Orgelpfeife ist im Prinzip ein langgestrecktes Rohr. Wenn man berechnen will, welchen Ton das Rohr hervorbring, macht man üblicherweise die Annahme, dass an seinen Enden der Dichte- oder Druckunterschied zur Außenluft Null ist. Die Schwingung hat, wie man sagt, an den Enden des Rohrs einen Knoten.  Aber eben diese Annahme ist physikalisch fragwürdig. Sie bedeutet, dass die Luftmoleküle „draußen“ von der Schwingung im Innern der Pfeife in keiner Weise „mitgerissen“ werden. Das heißt, die Pfeife würde keinerlei Schall abstrahlen.

Zu erklären, wie eine Pfeife Schall abstrahlt, ist kein triviales Problem. Eine aufwändige Rechnung ergibt, dass die Luftmoleküle, vereinfacht ausgedrückt, über die Enden des Rohrs hinausschwingen und so der Schall nach draußen getragen wird. Das heißt, die Pfeife ist effektiv länger als mit dem Maßband gemessen. Levine und Schwinger¹ berechneten, dass die Verlängerung je Ende etwa das 0,6-fache des Rohrradius beträgt. Diese Zahl ist die berühmte Endkorrektur.  Man muss sie berücksichtigen, wenn man aus der Länge der Pfeife die Höhe des Tons berechnen will, der abgestrahlt wird. Die Endkorrektur lässt sich mit einfachen Mitteln experimentell bestimmen. Details hier.

Foto: Orgel der Kirche Divi Blasii in Mühlhausen/Thüringen, gebaut nach einem Entwurf von Johann Sebastian Bach

¹ Levine, H. und J. Schwinger, Phys. Rev. 73, 383 (1948)

 

Nationalpark mit Wüstung

CIMG8352_MDie Wüstung heißt Wollseifen und liegt auf der Dreiborner Hochfläche in der Nordeifel. Deren Geschichte ist sicher bekannt, deshalb nur ganz kurz: Das Dorf Wollseifen musste im September 1946 geräumt werden. Dort und auf dem umliegenden Gelände legte die britische Armee einen Truppenübungsplatz an, der 1950 an das belgische Militär übergeben wurde. Meine Erinnerung daran ist noch lebendig, weil es damals Sperrgebiet war: Ich leitete in den fünfziger Jahren eine Pfadfindergruppe, die auf ihren Wandertouren durch die Eifel Umwege um das „Camp Vogelsang“ einlegen musste.

Anfang des Jahres 2006 wurde der Übungsplatz aufgegeben und in einen Nationalpark umgewandelt. Der ist seitdem für die Öffentlichkeit zugänglich. Die Wege, die damals „off limits“ waren, bin ich jetzt (nach mehr als sechzig Jahren) gegangen. Dabei entstanden diese Fotos:

Der Dipol – Strahlung mit Gewinn

Jeder Hochfrequenz-Profi (damit meine ich insbesondere meine Amateurfunkfreunde) kennt das Strahlungsdiagramm eines λ/2-Dipols. Aber gemessen haben es die wenigsten. Das nebenstehende Diagramm zeigt das Ergebnis einer eigenen (unvollständigen) Messung, ich entdeckte es vor kurzem in meinen Unterrichtsaufzeichnungen aus grauer Vorzeit.

Offenbar reichte die Zeit nicht aus, das vollständige Diagramm zu messen. Hier könnte also experimentell noch nachgebessert werden. Bis es dazu kommt, dachte ich, ist eine Beschäftigung mit der Theorie nicht unvernünftig. Erste Möglichkeit, mich kundig zu machen, waren meine Notizen zur Vorlesung „Elektrodynamik“ (aus dunkelgrauer Vorzeit). Die waren noch erstaunlich gut lesbar1, ergaben aber Nachholbedarf in Sachen Vektorpotential und Lorenz-Eichung. Die Bücher von Griffiths und Jackson2 halfen da weiter. Beim Studium dieser Werke entdeckte ich, dass man sogar den Gewinn des λ/2-Dipols gegenüber dem isotropen Strahler, also die rätselhaften 2,15 dBi, herleiten kann. Aber wie so oft, hieß es mehrfach: „Wie man leicht nachrechnet, ergibt sich ….“. Diese Lücken habe ich versucht, aufzufüllen. Hier das Ergebnis meiner zwei „Ausarbeitungen“ –  eine zum (idealen) Hertzschen Dipol und eine andere zum λ/2-Dipol.

 

1 Das spricht für meine saubere Handschrift und Prof. Scherzers glasklaren Tafelanschrieb. Professor Scherzer las damals die Theoretische Physik an der TH Darmstadt. Der Tafelanschrieb startete am Anfang der Vorlesung in der linken oberen Ecke der Tafel, schlängelte sich ohne aufwändige Gliederung unter Ausnutzung der gesamten Tafelbreite zeilenweise nach unten und erreichte zeitgleich mit dem Ende der Stunde die rechte untere Ecke. Die jederzeit verfügbare Darstellung des Unterrichtsstoffs erlaubte es, beim Mitschreiben auf Schönschrift zu achten.

2  David J. Griffiths, Elektrodynamik – Eine Einführung, 3. Auflage, Pearson Studium, München 2011, und  John D. Jackson, Classical Electrodynamics, J. Wiley, New York 1962

Balmer & Co

H2040903

Physik muss ich nicht mehr unterrichten. Meine Unterrichtsunterlagen sind entsorgt, nur einen Teil habe ich aus sentimentalen Gründen aufbewahrt. Beim Stöbern in den vergilbten Blättern fielen mir zwei Farbfotos in die Hände – von mir aufgenommene Linienspektren, die meine Schüler(innen) damals auswerten mussten (Klausuraufgabe). Die Fotos sind keine Meisterwerke, aber sie einfach wegzuwerfen wäre schade. Deshalb eine kurze Nachlese.

 

Das Foto zeigt die Spektren des Wasserstoffs (unten) und des Heliums (oben). Die weiße Linie links ist das Bild der Lichtquelle in Vorwärtsrichtung. Das Helium-Spektrum sollte zur Eichung herangezogen werden. Im Spektrum des Wasserstoffs sind die Balmer-Linien Hα, Hβ und Hγ sichtbar.

Transmission und Reflexion

Fontainebleau_Resort_Hotel_Las_VegasGlas lässt Licht hindurchtreten (das ist die Transmission) und/oder wirft es zurück (dann spricht man von Reflexion*). Die Physik dazu interessiert uns hier ausnahmsweise nicht, wir betrachten Beispiele aus der Architektur, bei denen Glas und Licht im Spiel sind. Die Fotos sind nicht das Ergebnis gezielter Suche, sie entstanden eher beiläufig.

Nebenstehendes Bild: In der Glasfassade des Fontainebleau Resort Hotels (einer Bauruine) in Las Vegas  spiegelt sich das Nachbar-Hochhaus.

 

 * Pardon, hier spricht wieder einmal der Lehrer. Wer auch noch wissen will, woher die beiden Wörter Transmission und Reflexion stammen, schaut im Wörterbuch nach:  transmittere (lat.): hinüberschicken, hinüberbringen;  reflectere (lat.): rückwärts biegen, zurückdrehen, zurückwenden

Doppelbrechung

Tesafilmstreifen_Doppelbrechung_02Wir kleben Streifen einer Klebefolie (Tesafilm) parallel versetzt auf das Glas eines Dia-Rähmchens. Dadurch entstehen Bereiche unterschiedlicher Dicke des Folienmaterials. Das Glas halten wir zwischen zwei (mehr oder weniger) gekreuzte Polarisationsfilter – und sehen die Folienstreifen in verschiedenen Farben aufleuchten (Foto). Der Effekt ist bekannt, und wir wissen auch, wie er zustande kommt: Die erste Polarisationsfolie erzeugt linear polarisiertes Licht. Dieses wird aufgrund der doppelbrechenden Eigenschaft der Klebefolie zu elliptisch polarisiertem Licht. Die Orientierung der Ellipsenachsen ist von der Dicke des Materials und der Wellenlänge des Lichtes abhängig. Die zweite Polarisationsfolie wirkt als Analysator, der je nach Ausrichtung Licht einer Wellenlänge hindurch lässt, Licht anderer Wellenlänge unterdrückt.

Hier ist also Doppelbrechung im Spiel – die Theorie dazu ist interessant, aber mit etwas Rechnen verbunden.