Der Dipol – Strahlung mit Gewinn

Jeder Hochfrequenz-Profi (damit meine ich insbesondere meine Amateurfunkfreunde) kennt das Strahlungsdiagramm eines λ/2-Dipols. Aber gemessen haben es die wenigsten. Das nebenstehende Diagramm zeigt das Ergebnis einer eigenen (unvollständigen) Messung, ich entdeckte es vor kurzem in meinen Unterrichtsaufzeichnungen aus grauer Vorzeit.

Offenbar reichte die Zeit nicht aus, das vollständige Diagramm zu messen. Hier könnte also experimentell noch nachgebessert werden. Bis es dazu kommt, dachte ich, ist eine Beschäftigung mit der Theorie nicht unvernünftig. Erste Möglichkeit, mich kundig zu machen, waren meine Notizen zur Vorlesung „Elektrodynamik“ (aus dunkelgrauer Vorzeit). Die waren noch erstaunlich gut lesbar1, ergaben aber Nachholbedarf in Sachen Vektorpotential und Lorenz-Eichung. Die Bücher von Griffiths und Jackson2 halfen da weiter. Beim Studium dieser Werke entdeckte ich, dass man sogar den Gewinn des λ/2-Dipols gegenüber dem isotropen Strahler, also die rätselhaften 2,15 dBi, herleiten kann. Aber wie so oft, hieß es mehrfach: „Wie man leicht nachrechnet, ergibt sich ….“. Diese Lücken habe ich versucht, aufzufüllen. Hier das Ergebnis meiner zwei „Ausarbeitungen“ –  eine zum (idealen) Hertzschen Dipol und eine andere zum λ/2-Dipol.

 

1 Das spricht für meine saubere Handschrift und Prof. Scherzers glasklaren Tafelanschrieb. Professor Scherzer las damals die Theoretische Physik an der TH Darmstadt. Der Tafelanschrieb startete am Anfang der Vorlesung in der linken oberen Ecke der Tafel, schlängelte sich ohne aufwändige Gliederung unter Ausnutzung der gesamten Tafelbreite zeilenweise nach unten und erreichte zeitgleich mit dem Ende der Stunde die rechte untere Ecke. Die jederzeit verfügbare Darstellung des Unterrichtsstoffs erlaubte es, beim Mitschreiben auf Schönschrift zu achten.

2  David J. Griffiths, Elektrodynamik – Eine Einführung, 3. Auflage, Pearson Studium, München 2011, und  John D. Jackson, Classical Electrodynamics, J. Wiley, New York 1962

 

Details zum Versuchsaufbau: Der Sender war eine einstufige Schaltung mit der Röhre EC92 – das weithin bekannte Demonstrationsgerät aus der Physiksammlung meiner Schule. Es arbeitet nach dem Prinzip der Dreipunktschaltung, das heißt, mit Abgriff der Rückkopplungsspannung an einer Spulenanzapfung (Hartley-Oszillator). Benutzt man einen kurzen Metallbügel als Spule, schwingt der Sender mit etwa 150 MHz, dem entspricht eine Wellenlänge von ungefähr 2 m. Demgemäß war die Antenne 1 m lang. Sie wurde in die Nähe der Metallbügel-Spule gebracht. Das reichte aus, um ein Hochfrequenzsignal (die „Trägerwelle“ ohne Modulation) abzustrahlen. Jedenfalls konnte man in ein paar Metern Entfernung dieses Signal nachweisen. Dazu genügte ein zweimal 50 cm langer Dipol mit einer Ge-Diode zwischen beiden Hälften und einem parallel dazu geschalteten μA-Meter als Anzeigeinstrument.