Beim Stöbern im Internet gerate ich hin und wieder auf Sites, in denen es um Schulphysik geht (kein Zufall, in dieser Branche habe ich früher gearbeitet). Zum Beispiel auf die Site einer Lehrmittelfirma. Dort wird ein Experiment beschrieben, das die Hallkonstante von Kupfer misst1 – und das mit einer Genauigkeit von ± 1%. Erstaunlich. Da kommen Neugier und Neid auf, so genau hatte ich diese Größe nicht gemessen. Ich kramte meine früheren Aufzeichnungen heraus: ± 30% war mein Messfehler damals. Hier mein (überarbeitetes) Messprotokoll.
Was den Wert der Konstanten angeht, konnte ich den Literaturwert innerhalb meiner ± 30% Fehlergrenzen bestätigen. Doch der Wert selbst war falsch. Dass ein „falscher“ Wert trotzdem richtig sein kann, muss man im Unterricht begründen. In der Schulphysik herrscht die Meinung, ein (Demonstrations-) Experiment tauge nichts, wenn es nicht den „richtigen“ Wert liefert. Das stimmt natürlich nicht, jede Messung ist ungenau. Man schätzt die Ungenauigkeit ab und gibt sie zusammen mit dem Messwert als „Messfehler“ an, in der Regel hinter dem Zeichen „±“. Beispiel: Die damals von mir bestimmte Hallkonstanten RH = – (5,0 ± 1,6) ·10 – 11 m3/As.
Im Übrigen ist das Wort „Fehler“ irreführend. Es suggeriert, man habe die „Scheibe“ nicht getroffen – falsch. Der Fehler ist nichts anderes als (ein Schätzwert für) die Größe der Scheibe, die man bei wiederholten Versuchen mit einer Wahrscheinlichkeit von beispielsweise 68% (1σ-Wert) trifft.
Das Foto zeigt einen Teil meines Versuchsaufbaus. Vielleicht ist von Interesse, was das Experiment für die Physik hergibt: Aus dem genannten Wert von RH folgt, dass in metallischem Kupfer ein Atom im Mittel 1,5 Elektronen für die Stromleitung zur Verfügung stellt.
1 Versuchsbeschreibung der Fa. Phywe: https://www.phywe.de/de/hall-effekt-in-metallen.html#tabs3