Schon zu Zeiten der ersten PC’s entstanden Computerprogramme, die Himmelsansichten für einen beliebigen Ort der Erde und zu beliebigen Zeiten berechneten. Ich benutzte sie u. a. im Astronomieunterricht der Schule. Damit konnten meine Schüler(innen) beispielsweise die große Konjunktion von Jupiter und Saturn um das Jahr 7 v. Chr. (Stern von Bethlehem?) am Bildschirm verfolgen.
Etwa zur selben Zeit fiel mir ein Buch in die Hand mit dem Titel „Vincent van Gogh – Die Sternennacht“. Darin zeigt der Kunsthistoriker A. Boime ¹, dass van Gogh’s berühmtes Gemälde eine durchaus realistische Ansicht des Nachthimmels darstellt – nämlich den Anblick, der sich dem Künstler bot, als er das Bild malte. Ort und Zeit kann man den Lebensdaten van Gogh’s und seinen Briefen an den Bruder Theo entnehmen: Das Bild entstand in St. Remy-de-Provence etwa am 19. Juni 1889 gegen 3 Uhr morgens. Boime benutzte seinerzeit Daten eines Planetariums, um den Himmel über dem südfranzösischen Ort zu diesem Zeitpunkt darzustellen. Es zeigte sich, dass van Gogh den Mond genau dort platzierte, wo er den astronomischen Berechnungen nach am Himmel stehen sollte, und dass der helle Stern rechts neben der großen Zypresse mit großer Sicherheit den Planeten Venus darstellt. Im Übrigen waren neben A. Boime auch andere² in dieser Sache professionell tätig (und sind es immer noch).
Da sich Boime’s Planetarium, MS-DOS sei Dank, durch die erwähnte Software ersetzen ließ, konnte ich seine Entdeckung am eigenen PC nachvollziehen – eine leichte Übung für das benutzte Redshift-Programm. Das Bild ist eine Nachzeichnung des Computerdisplays, von mir ergänzt durch eine Skizze der Landschaft mit Dorf und Zypresse. Wie erwartet, bestätigte Redshift die „planetarisch“ erzeugte Darstellung.
Nach diesem (bescheidenen) Erfolg nahm ich mir weitere „Himmels“-Gemälde van Gogh’s vor, verglich Leinwand- und Bildschirmdarstellung. Diese eher laienhaften Studien habe ich in einem kleinen Aufsatz zusammengefasst und daraus ein Beispiel für eine Facharbeit in der Oberstufe gemacht – eine fächerübergreifende Facharbeit³ in den Disziplinen Kunst und Physik bzw. Astronomie. Hier ist sie.
¹ Boime, A., Vincent van Gogh – Die Sternennacht, Frankfurt am Main 1989 (Fischer Taschenbuch Nr. 11237), z. Zt. ergriffen
² z. B. Olson, D., R. Doescher, Sky and Telescope, October 1988, S. 406, und Withney, C. A., Physics Today August 1992, 13 (1992)
³ ein Oxymoron?