Fallen alle Körper wirklich gleich schnell?

Galilei ließ Kugeln aus verschiedenem Material zur Erde fallen (der Überlieferung nach vom schiefen Turm zu Pisa) – und stellte fest, dass alle zur gleichen Zeit auf den Boden aufschlugen. Im Physikunterricht kam die Frage auf, wie genau man das mit einfachen Mitteln nachprüfen könne – und in wie weit man dabei den Literaturwert der Fallbeschleunigung (g = 9,81 m/s2) messen würde.

Ultraschall-Entfernungsmesser im Treppenhaus der Schule

Abb. 1 Ultraschall-Entfernungsmesser im Treppenhaus der Schule

Unsere Körper waren Kugeln mit (fast) gleichem Durchmesser, und zwar ein Tischtennisball (Masse 0,003 kg, Durchmesser 3,8 cm), eine Stahlkugel (Masse 0,229 kg, Durchmesser 3,8 cm) und eine Holzkugel (Masse 0,035 kg, Durchmesser 4,4 cm). Sie durchfielen eine Strecke von ca. 2 m. Ihre Bewegung wurde mit einem Ultraschall-Entfernungsmesser (CBR) gemessen. Dieses Gerät befand sich senkrecht über dem Punkt, an dem die Kugel losgelassen wurde. Das Foto Abb. 1 zeigt den Versuchsaufbau im Treppenhaus der Schule. Der Entfernungsmesser befindet sich am linken Ende der Holzstange. Rechts erkennt man den Datenlogger (TI83).  Zur Zeit der Fotoaufnahme werden gerade die Daten des vorhergehenden Versuchs ausgelesen. Deshalb ist die Verbindung zwischen Entfernungsmesser und Datenlogger unterbrochen. Während einer Messung steckt das Kabel des Ultraschallgeräts natürlich in der Eingangsbuchse des Datenloggers.

Holzkugel

Abb. 2 Geschwindigkeits-Zeit-Graph der fallenden Holzkugel

Das Ultraschallgerät misst während des Falls etwa 3mal pro Sekunde die Entfernung zur Kugel und berechnet daraus die (momentane) Geschwindigkeit. Diese Größe, aufgetragen als Funktion der Zeit, sollte eine Gerade mit der Steigung -9,81 m/s2 sein. Abbildung 2 zeigt ein Beispiel.

Fallbeschleunigung

Abb. 3 Fallbeschleunigungen verschiedener Körper. Die rote ausgezogene Gerade stellt den Literaturwert 9,81 m/s**2 dar, die gestrichelten Linien eine Abweichung von plus bzw. minus 2%.

Die Fallbeschleunigung wurde für jede Kugel zwei Mal gemessen. Das Ergebnis aller Messungen zeigt Abb. 3. Die Fehlerbalken in dieser Abbildung entsprechen dem statistischen Fehler, der sich aus der Streuung der Punkte im Geschwindigkeits-Zeit-Graph errechnet. Die rote Gerade stellt den Literaturwert 9,81 m/s2 dar, die beiden gestrichelten Linien die Werte, die von 9,81 m/s2 um ± 2% abweichen. Die Messwerte sind gegenüber dem Literaturwert systematisch nach rechts (das heißt, zu größeren Werten hin) verschoben, aber bis auf eine Streuung von (auch) etwa ± 2% gleich. Unser Experiment zeigt also, dass man das gleich schnelle Fallen verschiedener Körper in einem Schulversuch mit einer Unsicherheit von etwa ± 2% bestätigen kann.

Das gewichtete Mittel unserer Messwerte (Punkte in Abb. 3) beträgt 10,03 m/s2 mit einem statistischen Fehler von ± 0,09 m/s2. Ein systematischer Fehler würde alle Messpunkte in gleicher Weise nach rechts bzw. links verschieben. Er ist schwer abzuschätzen und mindestens von der Größenordnung 1%. Addiert man ihn zum statistischen Fehler hinzu, ergibt sich ein Gesamtfehler von etwa ± 0,2 m/s2 oder etwa 2%. Das entspricht einem Intervall von 9,8 bis 10,2 m/s2. Unsere Messung liefert somit als Fallbeschleunigung  g = (10,0 ± 0,2) m/s2. Dieser Wert ist innerhalb der Fehlergrenzen mit dem Literatutwert verträglich.